26.200 Hektar Waldfläche umfasst der Forstbezirk Eibenstock, für den Martin Meyer im Revier Antonsthal verantwortlich ist – einem der größten zusammenhängenden Waldgebiete des Erzgebirges. Der naturnahe Waldumbau liegt ihm besonders am Herzen. Für ihn ist Waldgestaltung „das Spiel mit dem Licht“. „Als Förster kann ich mit Licht steuern, wie es in 20 oder 50 Jahren hier aussehen wird“, erklärt er seine Arbeit. „Ich muss dafür sorgen, dass die Baumarten, die in diesem Wald wachsen sollen, das Rennen ums Licht gewinnen.“ Dafür gilt es, gezielt Freiräume zu schaffen oder bestehende Lichtschächte zu nutzen, um dort vielfältige Baumarten anzupflanzen. „Die Tanne ist als Baum naturnaher Bergmischwälder die Königin des Waldes – sie ist unser Hoffnungsbaum“, sagt Martin Meyer. Früher machte die Tanne zusammen mit der Buche etwa zwei Drittel des Erzgebirgswaldes aus. Die Fichte, die heute fast überall dominiert, hielt mit Beginn des Bergbaus im Erzgebirge flächendeckend Einzug, weil sie schnell wuchs und damit ein guter Holzlieferant war. „Somit kam sie auch an Stellen, die eigentlich nicht für sie geeignet sind – und dort fällt sie heute dem Borkenkäfer besonders schnell zum Opfer“, erklärt der studierte Forstwirtschaftler. Doch die lichten Stellen, die durch den Borkenkäferbefall entstanden sind, sind auch eine Chance, den Wald wieder naturnah zu gestalten.
Revierleiter Sachsenforst
Ein Interview mit dem Lichtmacher des Waldes
Seit rund einem Jahr ist Martin Meyer Revierleiter beim Staatsbetrieb Sachsenforst im Forstbezirk Eibenstock. Heute genießt er jeden Tag die weiträumigen Lichtungen, die hinter endlosen Wäldern den Blick auf Keilberg und Fichtelberg freigeben – nachdem er die halbe Welt bereiste, kehrte er zurück ins sächsische Erzgebirge, "weil es da eben am schönsten ist". Mit glühender Begeisterung ist er hier für Wald und Flur zuständig. Und vergisst bei all der Schwärmerei für die Arbeit auch gerne mal den Feierabend.
„Waldpflege ist immer auch Wildpflege“, meint Martin Meyer ernst und verweist damit auf einen für ihn unentbehrlichen Bestandteil seiner Forstarbeit: die Jagd. „Was nützt es, wenn wir Setzlinge einbringen, sie hegen und pflegen, und dann kommt das Wild und knabbert die zarten Triebe ab? Die besonderen Baumarten sind wie Pralinen für das Rot- und Rehwild – gerade die Bäume, die wir brauchen, verbeißen sie mit Hochgenuss.“
Schonungen einzäunen, wie es früher Usus war, ist heute oft keine Option: „Erstens ist es sehr aufwendig, zweitens funktioniert es nicht bei kleinteiligen Mosaikbepflanzungen, und drittens bedient sich das Wild dann woanders.“ Die Jagd ist für Martin Meyer die beste Möglichkeit, die Natur im Wald zu regulieren: „Wir müssen unsere Wohnung erst renovieren, bevor hier alle wieder gut leben können“, versinnbildlicht er. Bedeutet: Der Wald muss sich erst erholen, wieder artenreicher werden. Wenn die Eichen, Tannen und Buchen dann groß sind und selbst Tausende Samen werfen, kann der Wald auch wieder mehr Wild ertragen, weil mehr Nahrung für alle da ist.
Martin Meyer, Revierleiter Sachsenforst"Der naturnahe Waldumbau ist der Weg, mit dem wir unsere Landschaft nachhaltig verändern und den Generationenvertrag erfüllen – denn wir schaffen die Zukunft für unsere Kinder.“
Doch warum können wir die Natur nicht einfach sich selbst überlassen? Mit dieser Frage wird Martin Meyer oft konfrontiert. Er sagt: „Der Forst hat bei aller Idylle auch eine wirtschaftliche Funktion. Holz ist ein gefragter nachwachsender Rohstoff. Nirgendwo lässt sich der Naturschutz-Anspruch besser mit der Holzproduktion verbinden als bei uns in Deutschland. Hier gibt es strenge Regeln und gute Gesetze. Wenn wir das Holz aus anderen Ländern importieren, können wir davon ausgehen, dass dort die Natur zerstört wird – ganz abgesehen von den langen Transportwegen. Dann lieber eine kontrollierte Holzproduktion nach ökologischen Gesichtspunkten hier bei uns vor der Haustür – denn hier ist Naturschutz am sichersten.“
Zum naturnahen Waldumbau gehört für Martin Meyer auch, Totholz im Wald zu belassen: „Es bietet Nährstoffe und Lebensraum für viele kleine Tiere. In hoch abgesägten Baumstubben oder abgebrochenen Baumriesen nisten sich Vögel und Fledermäuse ein. Außerdem speichert Totholz Wasser wie ein Schwamm und wirkt damit wie ein Kühlschrank für das Waldinnenklima.“ Diese Ansätze sind nicht neu. Vieles davon formulierte der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz schon vor über 300 Jahren, der damit im Erzgebirge 1713 das Prinzip der nachhaltigen Waldwirtschaft begründete.
Mit Unterstützung vom Magazin "Herzland - Gedacht. Gemacht. Erzählt."
Text Sylva-Michèle Sternkopf, Bilder Regionalmanagement Erzgebirge / Désirée Scheffel.